Intim im Team- oder Liebe am Arbeitsplatz-(k)ein Grund zur Freude?

 

Wenn man den Statistiken und Umfragen Glauben schenken darf, ist der Arbeitsplatz die reinste Beziehungsbörse. Jeder vierte Deutsche hatte bereits einmal eine Beziehung am Arbeitsplatz und 17 % der Deutschen haben nach Analyse einer bekannten online- Partnervermittlungsagentur sogar ihren Lebenspartner durch oder in Verbindung mit Ihrem Job kennen gelernt.

 

Arbeitsrechtlich ist eine Beziehung zwischen Kollegen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Vielmehr ist die Beziehung zu einem Kollegen Ausdruck der freien Entfaltung der Persönlichkeit. Eine Versetzung des Arbeitnehmers in einen anderen Arbeitsbereich zur Unterdrückung der Liebesbeziehung ist folglich ebenso unzulässig, wie eine Kündigung. Dies wäre auch völlig impraktikabel: Immerhin 23% der Deutschen bestätigen bei Umfragen, schon einmal eine Beziehung am Arbeitsplatz gehabt zu haben.

 

Der Umgang der Betriebe mit Pärchen am Arbeitsplatz ist freier und toleranter geworden.  Dennoch werden die meisten Beziehungen am Arbeitsplatz nicht bekannt. Selbstverständlich ist auch kein Arbeitnehmer verpflichtet, im Betrieb mitzuteilen, wenn er zu einem Kollegen eine persönliche Beziehung unterhält. Dennoch erscheint es allgemeiner Konsens, dass spätestens dann, wenn ein Paar beschließt, zusammenzuleben, dieses zumindest den Vorgesetzten im Betrieb zu offenbaren ist.

 

Grundsätzlich wird von der Mehrzahl der Betriebe eine Beziehung zwischen Arbeitskollegen nicht als problematisch empfunden. Im Gegenteil kann eine positive Beziehung von Arbeitskollegen zueinander sogar die Produktivität steigern und die Motivation. Als Problem werden solche Beziehungen erst dann empfunden, wenn sie beispielsweise im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses zwischen Ausbilder und Auszubildendem entstehen und daher die Gefahr besteht, dass hier ein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt wird oder der Betriebsfrieden gestört.

 

In den Betrieben wird dennoch auf eine bekannt gewordene Beziehung von Mitarbeitern prophylaktisch reagiert. So wird beispielsweise vermieden, dass ein Liebespaar gemeinsam in einem kleinen Team arbeitet. Denn hier sind Konflikte mit anderen Teamkollegen vorprogrammiert, die eine Sonderstellung des Paares vermuten und eine Interessenkollision.

 

Aus betrieblicher Sicht erscheint es auch problematisch, wenn in einer hierarchischen Über-/ Unterordnungsstruktur eine Liebesbeziehung entsteht. Verliebt sich also die Sekretärin in ihren Chef, ist der Anschein der Bevorzugung dieser Mitarbeiterin durch ihren Vorgesetzten nicht von der Hand zu weisen. Auch der Pflichtverstoß im Arbeitsverhältnis, beispielsweise bei bevorzugter Weiterleitung von Informationen und sogar Preisgabe von Betriebsinterna, um dem Partner einen Vorteil zu sichern, ist eine realistische und unerwünschte Folge einer vertieften persönlichen Beziehung.

 

Um dieses auszuschließen reagieren die Betriebe häufig dadurch, dass einer der Partner in eine andere Abteilung oder in ein anderes Team versetzt wird und die direkte Zusammenarbeit der Partner beendet wird. Dieses ist jedoch nur insoweit zulässig, als damit keine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen oder des Fortkommens des versetzten Partners verbunden ist. Andernfalls kann der Betroffene erfolgreich arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen die Umsetzung oder Versetzung ergreifen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die bisherige Arbeitsplatzbeschreibung sich durch eine solche arbeitgeberseitige Maßnahme ändern würde.

 

Nicht nur für den Betrieb, sondern auch für den Mitarbeiter stellt eine Beziehung am Arbeitsplatz eine Herausforderung dar. Denn zunächst ist peinliche Diskretion angesagt, wenn eine Beziehung erst in der Anbahnung ist. Die meisten Mitarbeiter halten ihre Beziehung soweit es irgend geht denn auch geheim, schon um nicht Anlass für Getuschel zu geben. In einem betrieblichen Über/Unterordnungsverhältnis muss zudem z. B. die Mitarbeiterin, die mit ihrem Vorgesetzten ein Verhältnis eingeht damit rechnen, von den gleichgestellten Kollegen ausgegrenzt zu werden, da diese nachvollziehbarer Weise vermuten, dass ein offenes Wort über den „Chef“ aus dem Kollegenkreis heraus getragen wird. Der Vorgesetzte selbst hat häufig mit Autoritätsverlust zu kämpfen. Ferner wird seine Integrität in Frage gestellt, seine Entscheidungen werden hinterfragt.

 

Der Betrieb wird in jedem Fall verlangen können, dass eine Beziehung zwischen Mitarbeitern nicht offen zur Schau gestellt wird.

 

Wenn ständig Liebensbekundungen gesäuselt, permanent geflirtet wird, Zärtlichkeiten ausgetauscht werden oder aber Eifersuchtsszenen stattfinden und privater Beziehungsstreit während der Arbeitszeit ausgetragen wird, berechtigt dies zur Abmahnung. Auch das Versenden von privaten e-mails oder what´s app bzw. SMS während der Arbeitszeit oder gar im firmeninternen System an die Firmen-e-mail Adresse des Partners ist ein Grund zur Abmahnung, im schlimmsten Fall zur Kündigung.

 

Dass Sex am Arbeitsplatz völlig tabu ist und zudem gem. §183a StGB wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses strafbar, sollte ebenfalls jedem bekannt sein. Denn die Räume eines Betriebes sind auch dann „öffentlich“, wenn  z. B. das Pärchen, um ungestört zu sein, die Bürotür schließt. Ein Verstoß kann eine außerordentliche Kündigung nach sich ziehen.

 

Stört eine Beziehung zwischen Mitarbeitern nachhaltig den Betriebsfrieden, ist es unausweichlich, dass zumindest einer der Mitarbeiter den Betrieb verlässt. Dabei ist eine soziale Auswahl vorzunehmen.

 

Ebenso dürfte einleuchtend sein, dass eine Beziehung, die lediglich von einem der Mitarbeiter gewünscht wird, ein betriebliches Problem wird, wenn der verliebte Mitarbeiter den Bereich  der reinen Schwärmerei aus der Ferne verlässt und z. B. aktiv und für Dritte erkennbar um den anderen Mitarbeiter wirbt ( Sträuße roter Rosen auf dem Schreibtisch, Geschenke, Einladungen etc.). Wird dies auf Aufforderung hin nicht eingestellt, wird gar der oder die Angebetete/n bedrängt oder sexuell belästigt wird auch in diesen Fällen die Trennung von einem Mitarbeiter in den meisten Fällen unausweichliche Folge sein.

 

Viele Betriebe legen ihren Mitarbeitern bei Kenntnis von der Beziehung zu einem anderen Firmenangehörigen bereits vorausschauend nahe, entweder die Beziehung zu beenden oder den Betrieb aus eigenem Antrieb zu verlassen. Einige Mitarbeiter berichten, dass sie bei einer Weigerung, einen Aufhebungsvertrag zu akzeptieren einem so erhöhten Leistungsdruck, einer enormen Arbeitsbelastung und einer heftigen, offenen  Kritik bei kleinsten Nachlässigkeiten durch ihren Vorgesetzten ausgesetzt waren ( sog. bossing), bzw. sie bis zur Unerträglichkeit gemobbt wurden, dass sie schließlich freiwillig den Betrieb verlassen haben.

 

In besonderer Weise betroffen sind Mitarbeiter der Personalabteilungen, die mit anderen Firmenangehörigen eine Beziehung eingegangen sind. Denn gerade hier wird die Gefahr groß sein, dass Interna weitergegeben werden oder die Betroffenen privater Kritik ausgesetzt sind. Denn wie soll ein Mitarbeiter denn reagieren, wenn er von Personalentscheidungen bereits lange vor der Bekanntmachung erfährt, die den Partner direkt oder indirekt betreffen oder deren Kenntnis ihm einen Vorteil bringen könnte? Arbeitgeberseitig wird Stillschweigen erwartet, partnerschaftlich aber, dass der Partner „vorgewarnt“ wird. Der Interessenkonflikt ist hier vorprogrammiert. Je nachdem, wofür sich der Mitarbeiter entscheidet verliert er entweder den Arbeitsplatz oder den Partner.

 

Daneben darf aber auch eine weitere Dimension nicht außer Acht gelassen werden: Die Reaktion eines evtl. betrogenen oder hintergangenen (Ehe-) Partners außerhalb des Betriebes.

 

Die flüchtige  und schnell beendete Affäre am Arbeitsplatz mag der Ehepartner womöglich verzeihen, sollte er hiervon erfahren. Allerdings wird so mancher Ehepartner fordern, dass zukünftig die direkte betriebliche Zusammenarbeit mit dem „Fehltritt“ beendet wird. Wenn dies nicht durch einen Wechsel des Teams oder der Abteilung möglich ist, bahnt sich auch in diesem Falle ein Arbeitsplatzwechsel des Mitarbeiters an.

 

Schwer ist es für den Betroffenen, weiter täglich mit dem One-night-stand, der sich im alkoholisierten Zustand  nach der Betriebsfeier ergeben hatte, zusammen zu arbeiten, als sei nichts geschehen. Dies vor allem, wenn der andere immer wieder darauf anspielt oder sich gar eine gelegentliche Wiederholung vorstellt, bzw. sich womöglich persönliche, berufliche Vorteile hiervon verspricht. Hier sitzt so mancher Mitarbeiter unversehens in einer Zwickmühle.

 

Dennoch: Handelt es sich um eine beidseitig ernste Beziehung zwischen Mitarbeitern, die dazu führt, dass sich diese von bisherigen Partnern trennen, gar Familien zerbrechen, ist es sehr viel problematischer. Denn so mancher verlassene Ehepartner bezieht den Betrieb mit in den Paarkonflikt ein. Sei es dadurch, dass der „Konkurrent“ am Arbeitsplatz angerufen wird oder den Kollegen des neuen Paares pikante Details offenbart werden, bzw.  der Arbeitgeber oder Vorgesetzte ganz direkt kontaktiert wird und diesem die Augen über angebliche oder tatsächliche Verfehlungen des Ehepartners oder des/der „Neuen“ ihm gegenüber geöffnet werden: Schnell ist der Betriebsfrieden  gestört, das Ansehen des Mitarbeiters ruiniert, das Vertrauen des Arbeitgebers zu ihm zerstört. Dabei muss es noch nicht einmal so drastisch sein, wie im Falle der Ehefrau, die  bei dem Arbeitgeber anrief und forderte, er möge dafür sorgen, dass das Werkzeug aus ihrem Keller geräumt werde, weil die Wohnung nach der Trennung gekündigt sei und  geräumt zurück gegeben werden müsse. Auf die überraschte Frage des Arbeitgebers,  was denn er mit dem Werkzeug und der Räumung des privaten Kellerraumes zu schaffen habe, erklärte die Ehefrau trocken, schließlich trage doch sämtliches dort lagernde Spezialwerkzeug das Firmenemblem…. .

 

Es sind der Phantasie, mit welchen Mitteln betrogene Expartner vorgehen,  keine Grenzen gesetzt. Selbst der Umstand, dass durch derartige Vorgehensweisen Unterhaltsansprüche verwirkt werden können, hält den Expartner meist nicht von seinem Vorhaben ab, den früheren Partner zu diskreditieren und ihn, wenn nicht eine arbeitgeberseitige Kündigung herbei geführt werden kann, selbst zur Aufgabe des Arbeitsplatzes zu nötigen, um das Geschnacksel am Arbeitsplatz zu beenden, sich zu rächen.

 

Erst dann, wenn durch permanente Eingriffe solcher Expartner der Betriebsablauf nachhaltig gestört wird, kann auch der Arbeitgeber rechtliche Gegenmaßnahmen ergreifen. So kann ein Hausverbot ausgesprochen werden oder es kann eine einstweilige Unterlassungsverfügung erwirkt werden, mit der unter Androhung von Geldstrafe bis 50.000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung oder ersatzweise Haft der störende Expartner des Mitarbeiters zur Räson gebracht wird. So etwa, wenn durch permanente Störanrufe und Telefonterror die Telefonleitung des Mitarbeiters blockiert wird.

 

Dem betroffenen Mitarbeiter selbst bleiben als rechtliche Abwehrmaßnahmen ebenfalls gerichtliche Unterlassungsanordnungen oder das Beantragen von Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz. Insoweit ist es häufig, dass es penetrant verfolgenden ehemaligen Partnern gerichtlich untersagt wird,  sich dem Betroffenen bis auf 200 m. zu nähern, den Betrieb oder die Wohnung aufzusuchen bzw. sonstige Plätze, an denen sich der Betroffene häufig aufhält, wie der Arbeitsstätte. Es wird zudem ein Kontaktverbot verhängt.

 

Doch auch wenn es weder von außen noch betriebsseitig zu Problemen für eine Paarbeziehung kommt, ist der Verlust eines, wenn nicht gar beider betroffener Mitarbeiter im Laufe der Zeit an der Tagesordnung. Sei es, dass die Beziehung zerbricht und ein weiteres Zusammenarbeiten im Betrieb nicht mehr möglich ist oder dass der Mitarbeiter sich nicht mehr wohl fühlt, z. B. weil er im Kollegenkreis isoliert wird, wegen der Beziehung aufgezogen wird oder gar weil beruflicher Stress das Privatleben negativ beeinflusst oder privater Streit die berufliche Produktivität und Zusammenarbeit mit dem Partner zeitweilig unmöglich macht. Die wenigsten Paare sind so diszipliniert, dass sie die berufliche Zusammenarbeit und das private Miteinander völlig voneinander trennen können, so dass die betriebliche „Frau Meyer“ erst auf der gemeinsamen Heimfahrt im Auto wieder zur privaten„ Susi-Maus“ wird. Darüber hinaus fehlt es häufig an einem partnerfreien Rückzugsort, wenn man nicht nur privat liiert ist, sondern auch beruflich eng zusammen arbeitet. Nicht Jeder/ Jede kann so viel Nähe und Miteinander permanent ertragen.

 

So ist es nicht verwunderlich, dass etwa 50% der befragten Personen, die bereits eine Beziehung am Arbeitsplatz eingegangen sind in verschiedenen Umfragen erklärten, dass sie deswegen bereits einmal den Arbeitsplatz gewechselt hätten.

 

Und an dieser Stelle steht dann doch fest, dass die Unternehmen keinen rechten Grund zur Freude haben, wenn sich zwischen Mitarbeitern Liebesbeziehungen entwickeln: Sie müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass sie statistisch gesehen langfristig mindestens einen der betroffenen Mitarbeiter daraufhin verlieren werden….  

 

 

 

 

 

von Nicole von Ahsen

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Familienrecht

 

www.familienunternehmer-news.de/nachrichten.php?sub&layout0&link=newslist::id53b6b33e9e783

 

 

Aktuelles

Neue Düsseldorfer Tabelle zum Kindesunterhalt 2024:

https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2024/index.php

Achtung: Nicht nur die Zahlbeträge sind gestiegen, sondern auch der Selbstbehalt wurde angepasst:

Der notwendige Selbstbehalt des nicht Erwerbstätigen wurde auf 1200 Euro angehoben, der des Erwerbstätigen auf 1450 Euro. Der angemessene Eigenbedarf wurde auf 1750 Euro angehoben.

 

 

 

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